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04.06.2019

Boxen gegen Parkinson

„Der Parki soll nicht mein Leben bestimmen“

Zum Boxen kam Silvia Buth durch ihre Parkinson-Erkrankung. „Bewegung ist das Wichtigste! Ich hatte schon mehrere Sachen ausprobiert, doch zuletzt brachte mich mein Physiotherapeut darauf“, erzählt Buth. Beim Boxen wird alles trainiert: Koordination, Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit – also genau das Richtige für die temperamentvolle Frau.

Die Mutter von zwei erwachsenen Söhnen, stand immer mit beiden Beinen im Leben, war die meisten Jahre ihres Lebens berufstätig und hatte mit ihrem Mann ein Haus gebaut. „Ich musste in Allem schnell sein, schließlich wollte ich alles erledigt haben“, erinnert sie sich. Das Zittern ihres Armes, welches eines von verschiedenen Erstsymptomen des Parkinson möglich ist, begleitete sie einige Jahre. Die Arzt-Besuche zur Abklärung blieben längere Zeit ohne Befund. Erst als sie eines Tages während der Arbeit völlig bewegungsunfähig war und ins Krankenhaus kam, wurde Parkinson festgestellt.

Die Diagnose stellte ihr ganzes Leben auf den Kopf: „Bald war klar, dass ich nicht mehr arbeiten kann. Eins kam zum anderen und schließlich folgte auch die Trennung vom Ehemann“, sagt Buth schlicht. Verwandte und einige Freunden standen ihr in diesen schweren Zeiten zur Seite – bis heute: „Ich kann sie jeder Zeit anrufen“, sagt Buth. Dies ist sprichwörtlich gemeint, denn die Berlinerin können jeder Zeit ohne jegliche Vorwarnung die Kräfte verlassen: Sturzgefahr ist ein häufiges Problem bei Parkinson.

 

 

Ein zentrales Medikament bei der Parkinson-Therapie ist die Vergabe von Dopamin. Dies ist ein Botenstoff, welches die Bewegungsabläufe im Gehirn steuert. Es muss zugeführt werden, weil die körpereigene Produktion von Dopamin bei Parkinson-Patienten gestört ist. Zusätzlich nimmt Buth noch einen modernen COMT-Hemmer, die den Dopamin-Spiegel noch zusätzlich erhöhen. Mit ihrer Nachbarin, die unter ihr wohnt, hat Buth Notfall-Signale ausgemacht, um bei einem Sturz Hilfe zu bekommen. „Aber seitdem ich die neuen COMT-Hemmer nehme und ich boxe, sind mir keine Stürze mehr passiert“, sagt die Sportbegeisterte.

Seit 13 Jahren ist sie mit der Erkrankung konfrontiert, „ich lerne immer weiter mit meinem Parki auszukommen“, sagt die Fünfundfünfzigjährige. Das ist ein langsamer Lern-Prozess, der mit jedem Krankheits-Schub neue Herausforderungen mit sich bringen kann. Für einen ungeduldigen, temperamentvollen und lebenslustigen Menschen wie Buth keine leichte Aufgabe. Seit zehn Jahren ist Buth in der Deutschen Parkinson-Vereinigung engagiert. Dort ist ihr bewusst geworden, „dass jeder seinen eigenen Parki hat“, sagt sie lächelnd und verweist darauf, dass mit dem Kosewort ‚Parki’ viele Parkinson-Betroffenen nicht einverstanden sind. Mittlerweile hat sie akzeptiert, dass die Erkrankung ein Teil ihres Lebens ist, mit der sie fertig werden muss. Und Aufgeben oder sich Zurückziehen ist nicht Buths’ Sache.

Im Gegenteil: In der Deutschen Parkinson-Vereinigung ist sie ehrenamtlich und für den Verein viel unterwegs. Aufklärung ist das Ziel, denn in Deutschland haben über 450.000 Menschen Parkinson. „Wir haben durch unsere Informationen schon erreicht, dass Neurologen schneller einen L-Dopa-Test einsetzen, um Parkinson zu diagnostizieren“, sagt Buth nicht ohne Stolz. „Denn je früher Parkinson erkannt wird, desto besser“. Mit einer guten medikamentösen Einstellung, viel Bewegung und einer ausgewogenen Ernährung können Parkinson-Erkrankte Einiges selbst bewirken. Buth geht mit gutem Beispiel voran.

Zusätzlich wird sie vom Verein noch als Koordinatorin für Jungerkrankte eingesetzt. Außerdem unterstützt sie andere Gruppenleiter des Vereins bei eventuellen Problemen oder Fragen. Buth’s natürliche Kommunikationsfähigkeit hilft ihr Brücken zu bauen, Verständnis herzustellen oder eine andere Sichtweise einzunehmen – nicht nur bei sich selbst, sondern eben auch bei anderen. Die Mitstreiter sind ihr wichtig: „Manchmal kommen wir zusammen und verstehen uns auch ohne Reden. Dabei wissen wir um die Gefühle der anderen“, sagt sie. „Oder wir organisieren etwas Gemeinsames“.



 

 

Die gemeinsamen Unternehmungen helfen vor allem jenen, die sich aus dem Leben zurück gezogen haben. Die körperlichen Veränderungen oder Einschränkungen bringen dies mit sich: Vorn übergebeugtes, kleinschrittiges Gehen, Stolpern und Stürzen beeinträchtigen und verunsichern die Betroffenen ungemein. Die Aktivität für den Verein ist wichtig, doch ebenso das Privatleben, betont Buth: „Der Parki soll nicht mein Leben bestimmen“. Sie ist kreativ und malt oder schneidert. Auch bastelt sie gerne und macht aus „Unnützem neues Unnützes. Denn wir schmeißen einfach zu viel weg“, sagt sie. Besonders gerne arbeitet sie Schmuck um oder baut beispielsweise aus einem Schuhregal eine Garderobe.

Auch auf Kontakte zu alten Arbeitskollegen, Freunden oder Verwandten legt sie Wert und trifft sich mit ihnen. Erst vor einem Jahre zog sie in einen neuen Stadtteil. Dort baut sie – Dank der ihrer eigenen Kommunikationsfähigkeit schnell neue nachbarliche Kontakte auf oder erobert sich ihren neuen, grünen Stadtteil am liebsten mit dem Fahrrad.


Mehr Information zu Morbus Parkinson

Morbus Parkinson ist ein häufige und bekannte Erkrankung des Nervensystems. Die neurologische Erkrankung betrifft bestimmte Teile des Gehirns. Dabei sterben Nervenzellen aus bisher unbekannten Gründen ab, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Diese Nervenzellen lösen die willkürlichen und unwillkürlichen Bewegungen aus. Deshalb gehören Bewegungsstörungen zu den typischen Symptomen der Erkrankung. Neueste Forschungen haben außerdem noch eine Beteiligung des Nervensystems vom Magen-Darm-Trakt ergeben.

Verdauungsstörungen oder Riechstörungen können sich ebenfalls – und zwar viel früher als die Bewegungsstörungen – ergeben. Eine Heilung ist gegenwärtig noch nicht möglich. Parkinson zählt jedoch zu den gut behandelbar neurologischen Erkrankungen. Dopaminhaltige Medikamente werden verordnet und zusätzlich häufig noch neuartige COMT-Hemmer, um die Wirkung zu verlängern. Wichtig ist die genaue Einstellung der Medikamente, die im Verlaufe der Erkrankung immer wieder angepasst werden müssen.

COMT-Hemmer erhöhen den Dopaminspiegel, indem sie ein Enzym namens Catechol-O-Methyl-Transferase (COMT) hemmen. Dieses Enzym baut im menschlichen Körper L-Dopa und Dopamin ab; wird das Enzym blockiert, steigt die Menge an verfügbarem Dopamin im Gehirn. COMT-Hemmer werden immer zusammen mit einem L-Dopa-Präparat eingesetz. Als COMT-Hemmer werden derzeit drei verschiedene Substanzen in Tablettenform eingesetzt: Entacapon,Tolcapon und Opicapon. Während Entacapon und Tolcapon zu jeder L-Dopa-Gabe eingenommen werden müssen, wird Opicapon nur einmal täglich verabreicht.

 

Fotos: POYS_Buth



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